May 10 2009

So nah und doch so fern

Published by at 9:17 pm under Uncategorized

Dumpf schlagen die Hufe der dampfenden Tiere auf der trockenen Erde auf. Staubwolken wirbeln in die Luft, tauchen die ländliche Szenerie in verschwommenes Oker. Nur schemenhaft sind die Kinder und Hunde zu erkennen, welche dem alltäglichen Zug der Kühe folgen – bellend, tanzend und lachend, als handle es sich um einen Festzug. Ein Jaulen zerreisst die heisse Luft – wohl war einer der Hunde den Rindern zu nahe gekommen. Ein zerbeultes Auto versucht sich einen Weg gegen den Leiberstrom zu bahnen. Träge weichen die Tiere zur Seite. Die Kinderschar hängt sich lachend an das offene Fenster des Fahrzeugs, in welchem ihnen eine Frau mit kohlschwarzen, langen Haaren und gebräuntem Gesicht entgegen lacht und sie gespielt entrüstet weg zu schieben versucht. Ein letztes Rufen, ein Winken und schon rumpelt der Kleinwagen die ausgewaschene Naturstrasse hinunter, Staub aufwirbelnd, bis dieser ihn vollends verschluckt.

Die Olivenbäume wiegen ihr silbergrünes Haupt leicht im Wind, nur ihre knorrigen Stämme und die zerfurchte Borke lassen ihren harten Lebenskampf erahnen.

Ein stämmiges Pferdchen stapft, einen überdimensionalen Heuwagen ziehend, hinter den Kühen her. Neben ihm stützt sich der Bauer müde auf seinen knorrigen Stock, die Stirn von Schweissperlen übersät, seine Kleider durch Staub und Sonne matt. Ein schlaksiger Junge eilt herbei, ruft dem Bauer ein paar Worte zu, die der Wind mit sich fortträgt, übernimmt die Zügel des Pferdchens, gibt ihm einen freundschaftlichen Klaps auf den Hals und verschwindet mit ihm in Richtung Stallungen. Der Bauer blickt ihm kurz dankbar nach, nähert sich dann mit schweren Schritten dem weissgetünchten Haupthaus, vor welchem unzählige Blumen in ihren bunten Töpfen um die Wette leuchten. Über den rotbraunen Dachziegeln scheint die warme Luft noch leicht zu flirren, als würden sie noch von der Hitze des Tages flüstern. Vereinzelte Insekten tanzen ihren Reigen im orange-gelben Licht der sich neigenden Sonne. Im Dunst ist nur schemenhaft die nahgelegene Stadt zu erkennen, Konturen von unzähligen Häuser, die ineinander zu fliessen scheinen; Sevilla – die Stadt im Herzen Andalusiens: So nah und doch so fern!

Nadine von Wartburg

One response so far

One Response to “So nah und doch so fern”

  1. Mamion 11 May 2009 at 9:24 am

    Gespannt lese ich deine Zeilen welche deine Liebe zur Landschaft Andalusiens, der Natur und ihren Menschen beschreibt. Du malst mit Worten ein lebendiges Bild und die Düfte kommen mir dabei in Erinnerung. Auch ich habe auf unserem letzten Streifzug Andalusien ins Herz geschlossen. Mach weiter so, viel Glück!

Trackback URI | Comments RSS

Leave a Reply